Ein Abend mit Susanne Sohn

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Susanne Sohn, die ehemalige Vorsitzende der KPÖ, ist einer Einladung der Strebersdorfer Sektion 10 gefolgt und hat am Abend des 17. April zunächst ihr Buch vorgestellt: „Als der Kommunismus stürzte und mir nichts mehr heilig war“. Susanne Sohn beschreibt den Kommunismus als eine politische Glaubensgemeinschaft: „Kommunist sein bedeutet: aktiv die Welt zu verändern, dabei ständig zu lernen und die eigene Persönlichkeit weiter zu entwickeln. Das verstanden wir unter Selbstverwirklichung, die nur im Kollektiv asymptotisch zu verwirklichen war.“ Susanne Sohn hat die Jahre 1990 und 1991 als Vorsitzende der KPÖ als Zeit des Umbruchs erlebt, der Orientierungssuche, aber auch des schmerzhaften Abschieds von zu lange bewahrten Dogmen: „Totalitäre Bewegungen verachten die bürgerliche Demokratie, in der ständig um Kompromisse verhandelt wird. War der Kompromiss nicht ein Zeichen der Schwäche? Politische Parteien sind zu Kompromissen geneigt, Weltanschauungen niemals.“

Susanne Sohn erwähnte auch die große Zahl der Schutzbündler, die nach den Ereignissen von 1934 in die KPÖ eingetreten sind und danach in der Sowjetunion ein schweres Los erleiden mussten. Schätzungen gehen davon aus, dass über 600 österreichische Parteimitglieder dem Stalinistischen Terror zum Opfer gefallen sind. Insbesondere dieser Umstand, der in den Jahren der Glasnost immer deutlicher zu Tage trat und hier wieder besonders ihre Gespräche mit den überlebenden Frauen haben bei Susanne Sohn fundamentale Zweifel an der kommunistischen Weltanschauung aufkommen lassen: „Wenn der Glaube verschwindet, hinterlässt er eine Leerstelle. Die Leerstelle blieb mir und ließ sich nicht mehr füllen.“ Susanne Sohn ist nach ihrem Austritt aus der KPÖ keiner anderen Partei beigetreten, bezeichnet sich freilich als treue Wählerin der SPÖ.

Susanne Sohn nahm auch Bezug auf die finanziellen Verschleierungen der KPÖ: einerseits wurde Sparsamkeit und völlige Anspruchslosigkeit gefordert, anderseits existierte eine kleine Gruppe von „Wissenden“, die hunderte Millionen Schilling verwaltete und dann auch zum Verschwinden brachte.

Es folgte eine angeregte Diskussion, an der etwa 30 Personen teilnahmen, darunter erfreulicher Weise auch zahlreiche interessierte Gäste. Es wurden sowohl ideologische Fragen erörtert, wie auch zu den finanziellen Ereignissen (Rudolfine Steindling, Turmöl, Martin Schlaff) Fragen gestellt. Selbstverständlich schilderten auch ältere Genossen, wie sie die Zeit unmittelbar nach dem Krieg in den Betrieben und in Begegnung mit den Kommunisten erlebt haben. Am Ende der Veranstaltung fand das bemerkenswerte Buch von Susanne Sohn großen Absatz.

Bericht von Dr. Ronald Schrems, Vorsitzender der Sektion 10

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